Mittwoch, 29. August 2012

Die ersten Eindrücke in Kapstadt

Endlich bin ich in Kapstadt angekommen. Hier ist es gerade 19 Uhr, draußen schon stock duster und ich habe mich gerade trotzdem noch alleine in einen kleinen Supermarkt 2 Straßen weiter getraut - no Risk, no Fun. Familie und Freunde sind sicher schon an dieser Stelle besorgt bis entsetzt - Kapstadt soll schließlich ein gefährliches Pflaster zu sein. Der Fun war aber tatsächlich begrenzt, weil ich mich - zumindest momentan - noch nicht wirklich sicher fühle, obwohl ich eine Unterkunft in einem sehr sicheren Viertel Kapstadts gefunden habe. Aber man kann ja nie vorsichtig genug sein. Tag 1 habe ich jedenfalls schon mal ohne Überfall, Raub oder Kreditkartenklau überstanden. ;-)
Insgesamt war ich seeehr lange unterwegs, fast 24h bis ich endlich im Zimmer war. Prinzipiell sind Nachtflüge schon was Nettes (vor allem wenn man keinen Sitznachbarn hat) und bei South African Airways spürt man schon während dem Flug die unglaublich große Gastfreundlichkeit. Zur Begrüßung gab es erst einmal ein Päckchen mit Handtuch, Zahnbürste und Zahnpasta und das Abendessen war genial. Aus irgendeinem Grund hatte ich muslimisches Essen vorbestellt und bekam allein wegen des Extrawunschs schon immer als erste das Essen. Für mich gab es Hühnchen auf Blattspinat mit Kartoffeln, dazu Cracker, Gouda, Lachs auf buntem Salat, Schokolade und einen undefinierbaren aber sehr leckeren Nachtisch. Eine Flasche Weiswein hat das ganze wunderbar abgerundet :-). Das Entertainment an Board war genial: zahlreiche bekannte Filme, Serien, Musik und sogar Spielen war möglich. Schlafen konnte ich nicht wirklich, während dem Gewitter über dem Kongo sowieso nicht und um 5:30Uhr gab es auch schon wieder Frühstück: Crossaint, Bitterorangenmarmelade, Pilz- und Paprikagemüse, Brokkoli, undefinierbare Pampe aus roten und weisen Bohnen, die Bohnen könnten aber auch Kartoffelpüree gewesen sein und dazu einem Joghurt. Komische Kombi. Und dann war da ja noch die Aufregung...
In Johannesburg stand ich dann vor der Herausforderung Umsteig: Passkontrolle, Gepäck abholen, Zoll, Gepäck wieder aufgeben (warum auch immer der Koffer plötzlich 1kg schwerer war als noch in Frankfurt), Gate finden. Zum Glück passte mich gleich ein netter junger Flughafenangestellter ab, der mich zum Gate brachte und mir die Tasche trug - gegen Geld versteht sich - und schwupps war ich schon wieder in der nächsten Sicherheitskontrolle ehe ich auch nur 1 Cent wechseln oder einen Bankautomaten ansteuern konnte. Da saß ich dann also wieder 1,5 Std. am Gate bis es irgendwann auch nach Kapstadt in den nächsten Flieger ging.
Und wieder mal klappte nichts reibungslos: Keiner da, der mich abholt, Handyakku leer. Aber Not macht erfinderisch: Handy übers Netbook laden, das hatte noch etwas Akku. Irgendwann war meine Chefin dann da, wir verstehen uns voll super und sie spricht sogar Deutsch - irgendwie beruhigend bei dem unverständlichen Slang, der mich in den ersten Stunden vor Ort umgab. In ihrem klappernden VW City Golf ging es dann auf Kapstadts Straßen und mein Fazit: Linksverkehr ist ja schon schlimm, aber Kapstadts Straßenverkehr toppt es eindeutig! Ich mag zwar das Risiko, aber leben möchte ich noch ein Weilchen. Wer hupt, nimmt sich die Vorfahrt oder macht's aus Prinzip, überholt wird links und rechts, auf der eigenen Spur zu bleiben wird sowieso überbewertet und rechts vor links an Kreuzungen gibt es auch nicht. Wer zu erst ankommt, hat Vorfahrt. Mal sehen wie ich das in einigen Wochen/Monaten sehe. :-)
Allgemein bin ich mit wenigen Erwartungshaltungen nach Südafrika gekommen, aber gerade was die Armut betrifft, bin ich etwas geschockt. Wir fuhren an sehr vielen Townships und Armenvierteln auf dem Weg vom Flughafen zur Unterkunft vorbei. Wenn es den Township-Bewohnern gut geht und sie etwas Glück hatten, dürfen sie immerhin in von der Regierung gemauerten Häuschen leben statt in Blechhütten. Vor allem am Autobahnrand, von wo aus ich das Elend bisher nur gesehen habe, ziert Müll das Bild.
Landschaftlich ist alles sehr weitläufig und so weit das meine müden Augen beurteilen konnten und trotz mangelndem Sonnenschein ist Kapstadt wunderschön. Nur sehr kühl ist es hier momentan noch und die Häuser haben für gewöhnlich keine Heizung. Immerhin hab ich einen echten Kamin in einem wunderschönen Altbau, wie der Kamin funktioniert, finde ich aber erst heraus, wenn die Temperaturen unter 15grad sinken ;-). Die anderen Mitbewohner sind soweit ich sie kennengelernt habe auch ganz nett. "Sicher" bedeutet übrigens bei diesem Häuschen drei verschlossene Türen, Gitter vor den Fenstern und eine Alarmanlage inkl. Sicherheitsdienst.
Fotos vom Zimmer und Haus gibt es morgen, ich muss jetzt erst mal schlafen und meinen Kulturschock verdauen. Morgen gehts dann im Hellen auf Entdeckungstour.

Montag, 20. August 2012

Katastrophenalarm und ganz viel Chaos

Ja, was soll ich sagen: Die Abreise naht, in 8 Tagen ist es soweit und ich fliege nach Südafrika.
Wer denkt, Vorbereitungen wären einfach und ich hätte seit meinem Umzug und seit meiner Abgabe der großen Studienarbeit vor 3 Wochen nichts mehr zu tun und würde faul an irgendwelchen Badeseen herumliegen, der irrt.
So langsam aber sicher greift der Wahnsinn um sich und eigentlich ist alles ein riesen großes Chaos. In 8 Tagen geht mein Flug und bisher habe ich nicht mal ein Visum und mein Reisepass liegt auch noch in Berlin beim südafrikanischen Konsulat. Ein paar Katastrophen gehören zur Vorbereitung sicherlich dazu, aber ich habe langsam aber sicher die Nase voll - weltweite Bürokratie lässt grüßen. Das Regenwaldsterben habe ich bei der Menge an schriftlichen Unterlagen, die ich in den letzten Wochen durch die Gegend geschickt habe, ein Stück weit mit zu verantworten. Das tut mir an dieser Stelle sehr leid.
Ob ich nun ein Katastrophenkind bin, ich schlichtweg einfach nur Pech habe/hatte, so etwas wie Schicksal eine Rolle spielt oder alles Sabortage ist, weiß ich nicht. Macht euch einfach selbst ein Bild.

Ein Amt, dessen Möglichkeit einer Finanzierung ich in Anspruch nehmen muss, um (über)leben zu können und denen ich die Unterlagen NICHT zum Spaß schicke.
Die Beamten in Frankfurt (Oder), mit denen ich zusammenarbeiten muss, sind noch schlimmer als befürchtet. Nach meinem Eindruck unterbieten die Betroffenen sogar die Intelligenz von Brot - denn das kann wenigstens schimmeln. Mehrere Wochen lang nicht ans Telefon zu gehen - aus Prinzip - scheint normal zu sein. Auch wenn ich den Weg nicht gerne gehe, aber ein Anruf bei der Führungskraft verschafft Abhilfe - wenn auch deren Auskunft mit Vorsicht zu genießen ist. Es folgen Anforderungen von nicht existenten Unterlagen, verschlampte - oh sorry, natürlich laut Bearbeiterin nicht eingereichte - Formulare, dem Wunsch nach einem Stempel aus Südafrika, der ebenfalls nicht existiert, etc. Status: in Bearbeitung (vielleicht...).

Das Visum. Eigentlich notwendig, aber bei Betrachtung des Aufwands für einen simplen Praktikanten wie mich, der/die sogar schon ein Rückflugticket besitzt und keiner südafrikanischen Arbeitskraft eine Stelle wegnimmt - unterliegt die Versuchung einer nicht ganz legalen Einreise - wenn ich nur einen Reisepass hätte.
Auskünfte am Telefon? Verlasse dich nicht drauf. Verlasse dich eigentlich auf keine Aussage einer Behörde. Und höre genau hin, auch wenn es nur ein unbedeutender Nebensatz zu sein scheint. Mein erster Antrag für eine Arbeitserlaubnis im Rahmen eines Austauschprogrammes wurde nicht angenommen, wegen fehlender Unterlagen und eigentlich nicht gegebenen Umständen um das Visum überhaupt beantragen zu dürfen  - selbstverständlich entgegen der Aussagen damals am Telefon und von den Unterlagen war auch nie die Rede... Die Zeit ist allgemein mein größter Gegner. Zum Glück gibt es aber doch noch den ein oder anderen netten Menschen auf dieser Welt (z.B. meine Chefin) und den Weg der E-Mail, auch wenn diese im Notfall sowieso nicht ankommen, der Weg zwischen Südafrika und Deutschland ist schließlich auch für E-Mails ein weiter Weg. ;-)
Letztlich war ich für den Antrag also persönlich in Berlin im Konsulat. Mal eben nachts um 4 Uhr ging es los auf den 6 Stunden langden Weg nach Berlin. Mit an Boardhatte ich drei verschiedenen Ausfertigungen meines Arbeitsvertrags, zwei verschiedenen Visa-Anträgen und einem Ordner voller Unterlagen und Kopien, um alles dabei zu haben, was die Angestellten evtl. verlangen könnten. Dort angekommen hieß es geduldig in der Botschaft auszuharren und zu diskutieren. Immerhin habe ich nach zwei Stunden vor Ort und ein paar verzweifelten und aus völliger Übermüdung resultierenden Tränen erreicht, dass mein Antrag als vollständig betrachtet wird und bearbeitet wird. Nur auf die Dauer konnte man sich nicht festlegen. Jetzt liegt also acht Tage vor Abflug mein Reisepass in Berlin und ich habe keine Ahnung, ob ich diesen pünktlich vor Abflug erhalte und planmäßig nach Kapstadt fliegen kann. Ohne Reisepass bin ich machtlos und kann in kein Flugzeug steigen. Im schlimmsten Fall bekomme ich einen Anruf, dass das Visum nicht rechtzeitig fertig ist und ich einen neuen Hinflug buchen muss. Es bleibt spannend.

Krankenkasse, Versicherungen und andere. 
Briefe, Anschreiben und Dokumente, die per Fax verschickt werden, werden nicht als Original anerkannt. Das weiß wohl jeder, außer Gerichte und ich. Alles wäre ja auch zu einfach und ginge zu schnell um Unterlagen von A nach B zu transferieren.
Dann wären da noch diverse Versicherungen, in deren Preis- und Tarif-Dschungel man nicht so einfach durchsteigt, die aber für einen so langen Aufenthalt im Ausland nicht unsinnig sind. Wer weiß was passiert - Vllt. werde ich ja vom Löwen angefallen ;-). Private Haftpflicht-, Auslandskranken-, Unfall-, Fotoversicherung & Co. -  im nächsten Leben werde ich Versicherungsmakler!
Nicht vergessen darf man außerdem diverse bestehende Verträge, die bei der Verlagerung des Lebens auf die andere Hälfte der Erdhalbkugel in Deutschland nicht benötigt werden, Vollmachten für den Notfall, den internationalen Führerschein, Impfungen, usw.

Über das finanzielle Desaster verliere ich jetzt mal weniger Worte, auf jeden Fall habe ich die Gesamtsituation deutlich unterschätzt.

Aber der Optimist in mir stirbt bekanntlich zuletzt, auf weitere Katastrophen bin ich gefasst! ;-) Einfach kann ja jeder. Und ich bin mir sicher, dass Südafrika für den ganzen Aufwand entschädigt - sofern ich denn auch irgendwann mal dort ankommen werde. :-)